Gestalten statt verwalten

Interview mit Michael Musick von Roland Berger IMPEX über digitale Transformation im Gesundheitswesen, Klinik-Digitalisierung und Zukunftsstrategien.

Gestalten statt verwalten - Michael Musick hat in seinen 25 Jahren Berufstätigkeit im Gesundheitswesen viel gesehen und erlebt. Nach seinem Zivildienst in einem Krankenhaus hat er Ingenieurwesen und Medizininformatik studiert, um dann das Klinikum Augsburg in ein Universitätsklinikum zu entwickeln. Im Oktober 2019 wechselte er als verantwortlicher Geschäftsführer für die Zentralbereiche IT, Medizintechnik und Einkauf zu den RegioMed Kliniken. Drei Jahre später stand er dort allein in der Verantwortung und hat 2024 die größte Insolvenz im deutschen Gesundheitswesen gemanagt – ein Prozess, der ihn nachhaltig geprägt hat. Seit März dieses Jahres baut er für die Unternehmensberatung Roland Berger als Director den Bereich IMPEX, Interim Management Performance Executives mit dem Schwerpunkt Healthcare, auf. Mit uns hat er darüber gesprochen, wie die digitale Transformation in Krankenhäusern gelingen kann und welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein sollten.

Michael Musick hat in seinen 25 Jahren Berufstätigkeit im Gesundheitswesen viel gesehen und erlebt. Nach seinem Zivildienst in einem Krankenhaus hat er Ingenieurwesen und Medizininformatik studiert, um dann das Klinikum Augsburg in ein Universitätsklinikum zu entwickeln. Im Oktober 2019 wechselte er als verantwortlicher Geschäftsführer für die Zentralbereiche IT, Medizintechnik und Einkauf zu den RegioMed Kliniken. Drei Jahre später stand er dort allein in der Verantwortung und hat 2024 die größte Insolvenz im deutschen Gesundheitswesen gemanagt – ein Prozess, der ihn nachhaltig geprägt hat. Seit März dieses Jahres baut er für die Unternehmensberatung Roland Berger als Director den Bereich IMPEX, Interim Management Performance Executives mit dem Schwerpunkt Healthcare, auf. Mit uns hat er darüber gesprochen, wie die digitale Transformation in Krankenhäusern gelingen kann und welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein sollten.

Herr Musick, was sind gegenwärtig die größten Herausforderungen für Kliniken?

Michael Musick: Das ist sicher der wirtschaftliche Druck in unsicheren Zeiten, verbunden mit der Herausforderung, dennoch jetzt die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Wer sich dem nicht stellt, wird mittelfristig ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. Man darf nicht dem Teufelskreis verfallen, unter wirtschaftlichem Druck Innovationen zu vernachlässigen.

Wie kann das gelingen?

M. Musick: Ein möglicher Weg wäre die Etablierung regionaler Versorgungskonzepte, gerne auch trägerübergreifend, und die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen. Bei RegioMed beispielsweise sind wir Kooperationen mit umliegenden Kliniken eingegangen – egal, ob privat, freigemeinnützig oder kommunal –, und haben so eine umfassende Versorgung auf hohem Niveau gesichert.

Es geht darum, nicht nur medizinische Leistungen zu bündeln und die knappen Personalressourcen effektiv zu nutzen. Das kann beispielsweise durch klassische Shared Services geschehen oder durch telemedizinische Leistungen. In regionalen Verbünden kann man auch groß denken.

Hat das KHZG wie erhofft zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen beigetragen?

M. Musick: Das kann man nicht pauschal sagen, da die Startvoraussetzungen in den Einrichtungen sehr unterschiedlich waren. Wo der eine bereits einen nennenswerten Digitalisierungsgrad hatte, musste der andere zuerst WLAN installieren. Meiner Meinung nach wurde teilweise für eine zu kurze Zeit zu viel Druck aufgebaut. Da sind ganzheitliche Transformationsprozesse oftmals in den Hintergrund gerückt. Genau die sind aber die eigentliche Herausforderung, nicht die Beschaffung von Softwarelösungen.

Sehen Sie die Digitalisierung als Allheilmittel für die Probleme der Kliniken?

M. Musick: Digitalisierung ist lediglich ein Baustein, der ohne ganzheitliche Transformation seine Macht nicht entfalten kann. Gesundheitseinrichtungen müssen heute sektorübergreifend und in vernetzten Strukturen denken. Nur so können sie die Patienten umfassend begleiten. Dazu müssen Kliniken zuerst ihre Strukturen bereinigen, um dann die Zukunft zu gestalten. Silo- oder Sektorendenken steht einer Transformation, wie in allen Bereichen, im Weg.

Braucht es zur Überwindung dieses Denkens vielleicht mehr regulatorischen Eingriff?

M. Musick: Ganz im Gegenteil, wir müssen wieder mehr unternehmerische Verantwortung ins Gesundheitswesen bringen. Die Regulatorik ist bereits enorm. Die Geschäftsführer brauchen wieder mehr Gestaltungsspielraum, um Transformationsprozesse leichter auch ganzheitlich denken zu können.

Wie viel technisches Mindset muss ein CEO dafür heute mitbringen?

M. Musick: Sicher ist es hilfreich, wenn er ein gewisses Grundverständnis für die aktuellen Entwicklungen wie KI, Roboter und Automatisierung mitbringt. Im Verbund mit seinem CIO kann er dann die Transformation gestalten. Wichtig ist, nicht jedem Hype zu folgen, sondern praxisnah zu analysieren, was für die eigene Einrichtung wann das Passende ist. Transformation ist immer eine Teamleistung.
Wichtig ist auch, den Mehrwert der Digitalisierung in der Einrichtung zu kommunizieren und ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Am Ende gelingt die Transformation nur, wenn alle mit- und zusammenarbeiten.

Gestalten statt verwalten - Michael Musick hat in seinen 25 Jahren Berufstätigkeit im Gesundheitswesen viel gesehen und erlebt. Nach seinem Zivildienst in einem Krankenhaus hat er Ingenieurwesen und Medizininformatik studiert, um dann das Klinikum Augsburg in ein Universitätsklinikum zu entwickeln. Im Oktober 2019 wechselte er als verantwortlicher Geschäftsführer für die Zentralbereiche IT, Medizintechnik und Einkauf zu den RegioMed Kliniken. Drei Jahre später stand er dort allein in der Verantwortung und hat 2024 die größte Insolvenz im deutschen Gesundheitswesen gemanagt – ein Prozess, der ihn nachhaltig geprägt hat. Seit März dieses Jahres baut er für die Unternehmensberatung Roland Berger als Director den Bereich IMPEX, Interim Management Performance Executives mit dem Schwerpunkt Healthcare, auf. Mit uns hat er darüber gesprochen, wie die digitale Transformation in Krankenhäusern gelingen kann und welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein sollten.

Was verstehen Sie unter digitaler Transformation?

M. Musick: Für mich heißt das, Software prozessgetrieben in den klinischen und medizinischen Kontext zu integrieren und damit den Kernprozess der Patientenversorgung optimal mit IT zu unterstützen. Ich war immer ein Freund davon, aus der Medizinstrategie die Digitalisierungsstrategie, die Medizintechnologie- und Innovationsstrategie, die Personalstrategie und dergleichen abzuleiten, damit sie aufeinander abgestimmt sind.

Wann ist ein Transformationsprojekt erfolgreich?

M. Musick: Wenn es gelingt. (lacht) Spaß beiseite. Wenn der Anwender am Ende zufrieden ist, der wirtschaftliche Erfolg eintritt und – das ist das Wichtigste – die Patientenversorgung wesentlich verbessert wird, ist die Transformation gelungen. Die Frage ist allerdings, ob der Prozess überhaupt abgeschlossen werden kann. Wir werden in den nächsten Jahren sehr viel transformieren, restrukturieren und sanieren müssen, um eine erfolgreiche Zukunft zu gestalten – auch wenn die Rahmenbedingungen gerade nicht einfach sind. Warten wäre der falsche Ansatz. Die Verantwortlichen müssen jetzt mit dem Transformationsprozess beginnen und sich sukzessive den sich ändernden Bedingungen anpassen.

Wie kommen Krankenhäuser denn von der Software in den Transformationsprozess?

M. Musick: Ausgangspunkt ist die Unternehmensstrategie. Es gibt sicher viele Häuser, die im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) Technologien und Systeme beschafft haben, ohne sich Gedanken über das ‚Danach‘ zu machen, nämlich über die Strategie: Wie integriere ich das in einen Prozess? Das müssen sie jetzt nachholen. Gerade vor dem Hintergrund der laufenden Betriebskosten, die aus eigenen Mitteln zu finanzieren sind, muss eine solide Gegenfinanzierung auf die Beine gestellt werden.

Tut Transformation weh?

M. Musick: Ganz im Gegenteil. Sie hilft vielmehr, vorhandene Probleme zu lindern. Es geht bei der digitalen Transformation nicht um Stellenabbau, sondern darum, die stetig zunehmende Arbeitsmenge in Zeiten knapper werdender Personalressourcen zu bewältigen. Der Personalmangel ist allgegenwärtig und KI kann beispielsweise bei Massentätigkeiten einen wesentlichen Mehrwert bringen. Ein Labor lässt sich heute vollautomatisiert mit hohen Robotik-Anteilen betreiben. Die Inhouse-Navigation beziehungsweise autonomes Fahren innerhalb der Kliniken sind weitere Beispiele. Warum soll nicht ein vollautonomer Rollstuhl den Patienten selbstständig von der Station in die Radiologie und zurückfahren?

Welche Führungsqualitäten sind für eine erfolgreiche Transformation unabdingbar?

M. Musick: Sozialkompetenz und ein klarer, transparenter Führungsstil stehen da für mich ganz oben im Anforderungsprofil. Dazu gehört auch eine offene Kommunikation, welche Projekte aus welchen Gründen forciert werden, um das bereits angesprochene gemeinsame Verständnis zu schaffen. Es muss gelingen, dass die Mitarbeiter digitale Systeme nicht als Last, sondern als Mehrwert für den Gesamtprozess und ihre Arbeit wahrnehmen. Und sie müssen ebenso Verständnis für negativ besetzte Prozesse wie Sanierung oder Restrukturierung schaffen. Am Ende muss die eigene Zukunft über wirtschaftlichen Erfolg gesichert werden – und das funktioniert nur gemeinsam.

Welche Rolle können Berater und IT-Unternehmen in diesem Transformationsprozess spielen?

M. Musick: Der Vorteil externer Berater liegt in ihrem objektiven Blick auf die Klinik und in ihrer Erfahrung aus vielen anderen Projekten. Mit dem Wissen und der Expertise – interdisziplinär und gegebenenfalls branchenübergreifend – kann gemeinsam ein Plan entwickelt werden. Die eigenen Mitarbeiter sind in der Regel zu sehr im operativen Tagesgeschäft gebunden. Häufig fehlt auch die nötige Strategie- oder Projektmanagementkompetenz.

Der entscheidende Punkt für eine gelungene Transformation ist aber, das Projektmanagement effektiv mit internen und externen Ressourcen aufzustellen.

Wir haben viel über Transformation gesprochen. Das setzt ja auch Investitionen voraus. Wir hatten das KHZG, wir haben jetzt den Transformationsfonds. Reicht das aus?

M. Musick: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, kurz KHVVG, bietet mit dem Transformationsfonds bezogen auf die Investitionskosten ein Stück weit eine Anschlussfinanzierung des KHZG. Wichtiger wäre es in meinen Augen jedoch, über ein flexibleres Vergütungskonzept nachzudenken und die Sektorenfinanzierung zu überwinden – gerade, wenn die Ambulantisierung forciert werden soll. Ich könnte mir ein Modell aus 60 Prozent Grundfinanzierung und 40 Prozent länderspezifischer Finanzierung vorstellen, mit dem man dann auch gezielt Innovationen fördern kann.

Wäre der Einstieg von Investoren in Gesundheitseinrichtungen ein gangbarer Weg?

M. Musick: Ich würde das nicht an Investoren festmachen. Es geht um eine Fremdkapitalfinanzierung, egal ob von Investoren, Family Offices oder Banken. Gesundheitseinrichtungen brauchen Geld – entweder erwirtschaftetes oder geliehenes –, um unternehmerisch zu arbeiten und ihre Zukunft zu gestalten. 

Gestalten statt verwalten - Michael Musick hat in seinen 25 Jahren Berufstätigkeit im Gesundheitswesen viel gesehen und erlebt. Nach seinem Zivildienst in einem Krankenhaus hat er Ingenieurwesen und Medizininformatik studiert, um dann das Klinikum Augsburg in ein Universitätsklinikum zu entwickeln. Im Oktober 2019 wechselte er als verantwortlicher Geschäftsführer für die Zentralbereiche IT, Medizintechnik und Einkauf zu den RegioMed Kliniken. Drei Jahre später stand er dort allein in der Verantwortung und hat 2024 die größte Insolvenz im deutschen Gesundheitswesen gemanagt – ein Prozess, der ihn nachhaltig geprägt hat. Seit März dieses Jahres baut er für die Unternehmensberatung Roland Berger als Director den Bereich IMPEX, Interim Management Performance Executives mit dem Schwerpunkt Healthcare, auf. Mit uns hat er darüber gesprochen, wie die digitale Transformation in Krankenhäusern gelingen kann und welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein sollten.

Selbstverständlich ist das Geld von Banken ein anderes als das von Private-Equity-Gesellschaften, weil deren Einflussnahme deutlich höher ist. Die spannende Frage ist aber, wer mehr Innovation ermöglicht oder zulässt. Kommerzielle Kapitalgeber haben einen wirtschaftlicheren Blick. Da muss sich jede Einrichtung fragen, ob das wirklich zusammenpasst. Das ist tatsächlich sehr individuell.

Abschließende Frage, Herr Musick: Welchen Rat würden Sie einem CEO geben, der die digitale Transformation wirklich ernsthaft anpacken will?

M. Musick: Das Motto muss lauten: gestalten statt verwalten – und immer im Sinne der Patientenversorgung handeln. Das bedeutet, die Transformation sehr proaktiv zu unterstützen. Die Rahmenbedingungen sind zugegeben herausfordernd. Dennoch findet jede Einrichtung ihre Felder und Nischen, die sie proaktiv gestalten kann, um sich im nächsten Schritt, wenn der Grundstock geschaffen ist, für die Zukunft digital zu transformieren. So fällt es auch leichter, die 20 oder 30 Prozent der Entwicklungspotenziale, die gegenwärtig aufgrund von Ungewissheit bezüglich der Rahmenbedingungen noch nicht anzugehen sind, erst zu gegebener Zeit zu überführen.

Vielen Dank für das spannende Gespräch, Herr Musick.

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