Weg vom Weiter-So

Interview mit Prof. Dr. Henriette Neumeyer, Deutsche Krankenhausgesellschaft

Prof. Dr. Henriette Neumeyer blickt auf eine beeindruckende berufliche Laufbahn zurück: Studium der Humanmedizin an der Universität Lübeck, 2010 abgeschlossen als Chirurgin, dann Wechsel zur Unternehmensberatung Lohfert & Lohfert, wo sie als Digitalisierungsberaterin tätig war, sie hat berufsbegleitend ein MBA-Studium abgeschlossen, und 2019 den Studiengang „Healthcare-Management“ für die Nordakademie in Hamburg entwickelt und als Studiengangsleitung geführt. Seit 1. Juni 2022 ist die 37-Jährige nun stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Leiterin des neu zugeschnittenen Geschäftsbereichs „Krankenhauspersonal und Politik“. Was sie motiviert und was sie im Gesundheitswesen ändern möchte, erläutert Professorin Neumeyer im Interview.

Frau Professorin Neumeyer, welche Ziele haben Sie sich mit der DKG auf die Fahnen geschrieben?

Prof. Dr. Henriette Neumeyer: Ein Schwerpunkt für mich ist das Krankenhauspersonal. Die demografische Krise führt dazu, dass immer weniger Personal immer mehr Patienten gegenübersteht. Es gilt, dafür zu sorgen, dass die Krankenhäuser eine adäquate Personalausstattung erhalten, mit der sie flexibel auf die täglichen Herausforderungen reagieren können, etwa durch zielgerichtete Personalbemessungsinstrumente wie PPR 2.0. Wir wollen aber auch helfen, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich die Beschäftigten wohlfühlen. Dazu gehören eine gute Arbeitsumgebung, beispielsweise durch einen hohen Digitalisierungsgrad der Einrichtungen, und attraktive Karrierepfade.

Eine weitere große Herausforderung für die Krankenhäuser sind überbordende regulatorische und bürokratische Auflagen. Das in ein Gleichgewicht mit den Aufgaben der Patientenversorgung zu bringen, ist auch unsere Aufgabe.

Führt die von Ihnen angesprochene demografischen Krise dazu, dass eine Reform der bestehenden Versorgungslandschaft unumgänglich ist?

Prof. H. Neumeyer: Ein Weiter-So kann es tatsächlich nicht geben. Wir müssen aber die Chance nutzen, die anstehende Reform auch als Verwaltungsreform zu begreifen und Dinge neu und zeitgemäß zu denken. Über einen langen Zeitraum hinweg haben wir die Substanz aufgezehrt und zu lang an einer fallorientierten Betrachtung ohne nachhaltige Investitions- und Vorhaltestrategie festgehalten. Jetzt gilt es, die bedarfsgerechte Versorgung von morgen zu denken. Wir müssen bürokratische Hürden abbauen und hinsichtlich des Fachkräftemangels darauf achten, Personal effektiv einzusetzen. Sicher ist aber auch, dass man mit den künftigen Möglichkeiten, Versorgung neu zu organisieren, anders über Standorte diskutieren kann. Das muss bedarfsorientiert geschehen, man darf aber nicht aus dem Blick verlieren, wer welches Angebot auf Patientenseite wirklich nutzen kann. Krankenhäuser sind bereits heute der Motor für technische und Versorgungsinnovationen, gegründet auf der Nähe zu den Patienten und zur Medizin. Die Politik täte gut daran, sie mehr in den Ausgestaltungsprozess einzubinden.

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