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Interview mit Prof. Dr. Sylvia Thun, Charité – Universitätsmedizin Berlin und Berlin Institute of Health (BIH)

 

Prof. Dr. Sylvia Thun

Prof. Dr. Sylvia Thun ist herumgekommen in ihrem Berufsleben. Sehr früh hat sich die gebürtige Kölnerin der medizinischen Informatik verschrieben, folgerichtig biomedizinische Technik und danach Humanmedizin an der RWTH Aachen studiert. Ihre erste Stelle führte die Universitätsprofessorin, approbierte Ärztin und Ingenieurin, 2001 direkt in die digitale Medizin. Nicht erst als Director Core Facility Digitale Medizin und Interoperabilität am BIH gilt ihre gesamte Leidenschaft der Entwicklung und Etablierung von Standards in der Gesundheitskommunikation.

Frau Professorin Thun, was sind Ihre Aufgaben als BIH?

Prof. Dr. Sylvia Thun: Unsere Vision ist eine vernetzte digitale Gesundheitsinfrastruktur. Dazu braucht es interoperable Informationen und Technologien. Meine Kollegen und ich arbeiten daran, diese Interoperabilität auf allen Ebenen herzustellen: in der Versorgung wie der Forschung und Wissenschaft, auf regionalem, nationalem und internationalem Terrain.

Was heißt Interoperabilität?

Prof. S. Thun: Vereinfacht gesagt heißt Interoperabilität, dass Daten von allen Akteuren – und hierbei meine ich beteiligte digitale Informationssysteme – zuerst einmal innerhalb der Patientenversorgung gleich interpretiert werden, so dass die Daten systemübergreifend zusammenfließen können.

Das BIH hat sich auch der Translation verschrieben. Wir entwickeln aus klinischen Beobachtungen neue Forschungsideen. Gleichzeitig übertragen wir biomedizinische Erkenntnisse in neue Ansätze zur personalisierten Vorhersage, Prävention, Diagnostik und Therapie. Wir etablieren also ein Ökosystem aus Forschung und Versorgung.

Von welchen Faktoren hängt Interoperabilität ab?

Prof. S. Thun: Neben den Medizinern und der Industrie sind die Politik und ihr Wille ein ganz entscheidender Faktor. In den USA gibt es beispielsweise den sogenannten Information Blocking Act, nachdem der Zugang, der Austausch oder die Nutzung elektronischer Gesundheitsinformationen nicht behindert, verhindert oder wesentlich erschwert werden darf. Wir bräuchten auch in Deutschland Vorgaben, damit Daten ausschließlich in einem standardisierten Format gespeichert werden dürfen. Das würde uns und allen Beteiligten die Arbeit wesentlich erleichtern sowie die Digitalisierung im Allgemeinen sehr befördern. Diese Idee folgt den bekannten FAIR-Grundsätzen, nach denen Daten Findable, Accessable, Interoperable und Reusable sein müssen. Hier hat das Bundesgesundheitsministerium bereits entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Allerdings ist der Gesetzgeber hierzulande – ich sage leider – nicht so stark wie anderswo. Die Selbstverwaltung spricht immer auch ein gewichtiges Wort mit.

 

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