Die Zukunft kommt nicht per Gesetz
Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), schlägt in unserem Interview den Bogen von den Herausforderungen der Digitalisierung in einem Großklinikum über die Mitarbeiterbeteiligung zum Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und einem globalen Gesundheitswesen.
Professor Scholz, welchen Stellenwert hat die Digitalisierung für das UKSH?
Prof. Dr. Jens Scholz: Einen immens hohen. Wir denken bei allem, was wir tun, die Digitalisierung mit. Das zeigt sich auch in unseren Neubauten an den Standorten Kiel und Lübeck. Da haben wir uns zuerst die sich abzeichnenden Entwicklungen in der medizinischen Versorgung angeschaut, dann überlegt, welche Auswirkungen die für uns haben werden, und danach den Bau entsprechend geplant. Wir sind ja im Rahmen der Digitalisierung in einem Bereich angekommen, in dem es vorrangig um die Kernprozesse der Medizin geht. Telemedizin und Diagnostik beispielsweise wären heute ohne eine tiefgreifende Digitalisierung der Prozesse nicht denkbar. Wir schauen immer, welche Techniken und Technologien wir benötigen, um langfristig konkurrenzfähig zu sein. So sind wir bereits heute auf die Datenübertragung mittels 5G vorbereitet.
Mut von Unternehmen ist ein Erfolgsfaktor. Was müssen IT Lösungen bieten, um die tägliche Arbeit in Klinken wirksam zu unterstützen?
Prof. Dr. J. Scholz: Wenn wir von einem KIS sprechen, sollte es möglichst breit aufgestellt sein und viele Fachrichtungen mit gleichbleibend hoher Qualität adressieren. Es muss aber gleichzeitig offen sein und Spezialsysteme integrieren. Wichtig sind auch die Themen Usability und User Experience. IT-Systeme generell müssen auf einer modernen Architektur basieren sowie eine moderne, intuitive Oberfläche bieten. Sonst holen sie die Anwender nicht ab und dann wird es über kurz oder lang für jeden Anbieter schwer.
Wie sieht das deutsche Gesundheitswesen in fünf oder zehn Jahren aus?
Prof. Dr. J. Scholz: Unser Gesundheitswesen ist sehr stark reguliert. Ich bekomme für eine gute Leistung oder höhere Qualität, als andere sie liefern, nicht mehr Geld. Wenn wir mehr machen als das, was durch die Pauschalen vergütet wird, machen wir Verlust. Deshalb habe ich viele Wünsche an das Bundesgesundheitsministerium: zum Beispiel, dass die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufgelöst wird. Wir müssen aber auch schneller werden in der Umsetzung guter Ideen. An denen mangelt es nämlich nicht, sondern es mangelt an der Umsetzung. Wir werden sicher einen Paradigmenwechsel erleben, wenn globale Konzerne wie Facebook, Amazon, Apple oder Google voll in den Gesundheitsmarkt eintreten. Die haben das Potenzial, viele Dinge auf den Kopf zu stellen. Gesundheitsversorgung wird sich durch die zunehmende Digitalisierung auch internationalisieren. Dann könnten wir ganz anders agieren und unsere medizinische Leistungserbringung als Dienstleistung anbieten. Dazu müssen wir uns spezialisieren. Bei einer seltenen Erkrankung bevorzugt doch jeder den Spezialisten – egal wo der seine Praxis hat. Das hieße, wir erlebten einen echten Wandel im Gesundheitswesen, nämlich dass Versorgung global wird.
Das Interview geht noch weiter – Alle Fragen und Antworten erhalten Sie im Download unten.