Alles Standard, oder?
Interoperabilität heißt, dass unterschiedliche Systeme oder Anwendungen untereinander nahtlos Daten austauschen können und sich gegenseitig verstehen. Das ist die Voraussetzung dafür, Daten gemeinsam zu be- und verarbeiten und letztlich für einen system-, einrichtungs- und sektorenübergreifenden Datenaustausch.
Was das für die Gesundheitsversorgung bedeutet, und welche Rolle die ISiK-Standards in diesem Kontext spielen, erläutern Christian Karnatz, Country Product Manager Germany bei Dedalus HealthCare, und Kim Becker, Product Manager FHIR bei Dedalus HealthCare.
Von welchen Faktoren hängt Interoperabilität ab?
Christian Karnatz: In erster Linie vom Willen der IT-Anbieter, sich auf gemeinsame Standards und deren Einhaltung zu verständigen. Das ist aber nicht so einfach, da es gegenwärtig viele gesetzliche Vorhaben und Anforderungen gibt, die sich in Teilen unterscheiden. Es gibt neben den Standardisierungsorganisationen wie Integrating the Healthcare Enterprise (IHE) beispielsweise die XML-Schnittstellen für die Meldungen an das Implantateregister durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die medizinischen Informationsobjekte (MIO) der MIO 42 GmbH, die Verordnungssoftware-Schnittstelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und ISiK von der gematik. Diese Vielfalt widerspricht eigentlich dem Interoperabilitätsgedanken und macht es uns Herstellern nicht leichter.
Kim Becker: Angesichts der Vielfalt von Marktteilnehmern mit unterschiedlichen Interessen sind eine gesundheitspolitische Begleitung des Prozesses und die Schaffung eines Rahmenwerks, an dem sich alle orientieren müssen, unerlässlich. In diesem Rahmenwerk muss unter anderem geregelt werden, wie Profile verwendet und erstellt werden – es ist nicht zielführend, dass jeder beispielsweise sein eigenes Patientenprofil definiert.
Was verbirgt sich hinter ISiK?
C. Karnatz: Es ist ein verbindlicher Standard über eine Schnittstelle für Informationstechnische Systeme in Krankenhäusern, wofür ISiK steht. Er ist ursprünglich durch § 291d Abs. 1 SGB V als „Archivierungs- und Wechselschnittstelle“ konzipiert worden, um den systemübergreifenden Patientendatenaustausch zu verbessern beziehungsweise komplette Systemwechsel von einem Praxissystem zum anderen zu unterstützen. Mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz vom 14.10.2020 wurde er nach §§ 371 ff. SGB V verschoben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat dann den gesetzlichen Gestaltungsauftrag bekommen, ISiK zusammen mit den Herstellern zu entwickeln, hat ihn aber nicht verfolgt. Daraufhin ist in Absprache zwischen gematik und bvitg der Umsetzungsumfang von ISiK Stufe 1 entstanden. Die bildet quasi das Basismodul, musste bis August letzten Jahres implementiert sein und soll den Austausch von Informationen zum Patienten, zum Fall, zu Diagnosen und Prozeduren, zum Versicherungsstatus, zu Angehörigen und zu Heilberuflern ermöglichen. In Stufe 2 wird das um die Anbindung von Termindaten-Management- und Medikationssystemen sowie Vitalparametern erweitert. Stufe 3 beinhaltet dann den Dokumentenaustausch, Stufe 4 die Patientenzusammenführung.
K. Becker: Ich bin allerdings der Meinung, dass vieles von dem, was auf dem Papier steht, sich in diesem und im nächsten Jahr noch nicht in der Versorgungslandschaft wiederfinden wird.
Warum?
K. Becker: Weil noch fehlende Funktionalitäten verhindern, dass auf Basis von ISiK wirklich schon Systemanbindungen stattfinden werden. Bisher wurde Kommunikation bei Systemanwendungen beispielsweise auf Basis von HL7 V2 umgesetzt. Das kann ich aber nicht eins zu eins mit ISiK umsetzen, sondern müsste eine Erweiterung schaffen, also zusätzliche Ressourcen entwickeln, um so gut zu werden, wie ich es mit HL7 bereits bin. Folglich benötigen wir in der Definition von ISiK noch einige Jahre, um Daten so umfangreich austauschen zu können wie aktuell mit HL7 V2.