Energie für KI
Interview mit Florian Schwiecker, Corti

Das medizinische Wissen auf der Welt verdoppelt sich alle zwei Jahre, wahrscheinlich sogar noch schneller. Welcher Arzt kann da noch Schritt halten? Kollege KI könnte helfend zur Seite stehen. Corti entwickelt Lösungen, die medizinische Fachkräfte bei der täglichen Patientenversorgung unterstützen. Wie das Unternehmen aufgestellt ist und was sich hinter den Lösungen verbirgt, verrät Florian Schwiecker, Chief Partnership Officer bei Corti, im Interview.
Bitte stellen Sie Corti kurz vor, Herr Schwiecker.
Florian Schwiecker: Corti ist ein innovatives Forschungs- und Entwicklungsunternehmen, das sich auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen spezialisiert hat. Unser Ziel ist es, adminis-trative Hürden zu beseitigen und die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Basis ist eine von Corti speziell für den medizinischen Markt entwickelte generative KI-Plattform, die Intelligenz nahtlos in jede Patienteninteraktion integriert. Sie wurde mit über hundert Millionen Datensätzen trainiert und bietet Echtzeit-Unterstützung im Patientengespräch, optimiert die Entscheidungsqualität und reduziert den manuellen Dokumentationsaufwand erheblich. Schon heute unterstützt unsere KI täglich über 150.000 Patienteninteraktionen.
Könnten Sie das bitte ein wenig ausführen?
F. Schwiecker: KI kann grundsätzlich eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen. Wir selbst fokussieren uns auf das, was für unsere Anwender praktisch sinnvoll ist und bieten zugleich durch unsere Plattform anderen Unternehmen die Möglichkeit, Lösungen für hunderte von weiteren Einsatzszenarien zu erstellen. Wir wollen sicherstellen, dass alles, was den Anwendern wirklich hilft und am Ende den Patienten zugutekommt, auch wirklich umgesetzt werden kann. Dabei ist jedes Patientengespräch relevant, egal ob es von einem Arzt, einer Pflegekraft oder einer Person am Empfang geführt wird. Wenn wir die Dokumentation automatisieren und administrative Tätigkeiten reduzieren, bleibt mehr Zeit für den Patienten. Unsere KI kann den Dokumentationsaufwand um bis zu 80 Prozent verringern, sodass das medizinische Personal sich wieder auf die eigentliche Versorgung konzentrieren kann.
Was verbirgt sich hinter Corti AI?
F. Schwiecker: Man kann Corti AI als eine Art „Stromnetz“ für KI im Gesundheitswesen verstehen. Ähnlich wie ein Stromnetz Haushalte und Unternehmen mit Elektrizität versorgt, stellt Corti die KI-Infrastruktur für intelligente Lösungen in Gesundheitseinrichtungen bereit.
Unsere Plattform umfasst eine breite Palette von Software-Development-Kits, Programmierschnittstellen und Anwendungen. Diese ermöglichen es, modernste KI-Technologie über die gesamte Patient Journey hinweg zu integrieren – von der Notfallaufnahme bis hin zur Abrechnung. Unsere Expertise liegt insbesondere in den Bereichen Sprachverarbeitung, medizinische Kodierung und kontextbezogenes Sprachverständnis. So helfen wir, Konsultationen in Echtzeit zu verbessern, Fehler zu reduzieren und administrative Abläufe zu optimieren.
Wo liegen die Stärken der Lösung?
F. Schwiecker: Unsere KI wurde speziell für das Gesundheitswesen entwickelt. Sie liefert kontextbezogenes Feedback in Echtzeit, sodass medizinisches Personal fundiertere Entscheidungen treffen kann. Untersuchungen zeigen, dass unsere Sprachmodelle 20 Prozent präzisere Ergebnisse liefern als GPT-4.o. Ein weiterer Vorteil ist die Geschwindigkeit. Unsere Modelle sind 35-mal schneller als GPT-4o und liefern Ergebnisse innerhalb von Sekunden. In der medizinischen Versorgung zählt jede Sekunde – sei es bei einer schnellen Diagnosestellung oder Entscheidungen in einer Notfallsituation.
Worauf beruhen die Stärken von Corti AI?
F. Schwiecker: Die Basis unserer Technologie ist ein tiefes Verständnis der Herausforderungen im Gesundheitswesen. Wir entwickeln unsere Lösungen gemeinsam mit Fachkräften aus der Praxis, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich einen Mehrwert generieren. Corti hat seine Wurzeln in Europa und ist entsprechend mit den hohen Datenschutzanforderungen der DSGVO vertraut. Unsere proprietären Basismodelle werden mit anonymisierten medizinischen Daten trainiert, um eine optimale Leistung in realen Anwendungen zu gewährleisten.
Welche Use-Cases können Sie mit Corti AI bedienen?
F. Schwiecker: Unsere KI-Lösung wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Sie übernimmt unter anderem die automatische Dokumentation von Arztgesprächen, erstellt Notizen und Berichte in Echtzeit und ermöglicht so eine erhebliche Zeitersparnis.
In Notfallsituationen hilft sie den Triage-Teams, Patientenfälle zu priorisieren und so sicherzustellen, dass die dringendsten Fälle zuerst behandelt werden. Darüber hinaus trägt sie zur Qualitätskontrolle bei, indem sie regulatorische Vorgaben überwacht und die Einhaltung der Vorschriften erleichtert. In der Erlössicherung verbessert sie die Genauigkeit der Kodierung und optimiert Abrechnungsprozesse für Kostenträger und Leistungserbringer.
Wie viele Einrichtungen nutzen Ihre KI-Lösung bereits?
F. Schwiecker: Corti ist ein global agierendes Unternehmen mit Kunden in Europa, Nordamerika und Australien. Unsere KI wird bereits in über zehn Sprachen genutzt, und die Akzeptanz wächst stetig. In der DACH-Region haben wir unsere Lösung erfolgreich in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen implementiert. Das zeigt, dass unsere Technologie flexibel an unterschiedliche Gesundheitssysteme angepasst werden kann.
Was schätzen die Nutzer besonders an Corti AI?
F. Schwiecker: Unsere Nutzer schätzen vor allem die Benutzerfreundlichkeit unserer KI-Lösungen. Sie lassen sich nahtlos in bestehende Arbeitsabläufe integrieren, ohne dass umfangreiche Schulungen erforderlich sind.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Zeitersparnis. Das medizinische Personal kann sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, während Corti administrative Prozesse übernimmt. Zudem schaffen unsere erklärbaren KI-Modelle Vertrauen, da die Nutzer jederzeit nachvollziehen können, wie eine Entscheidung zustande gekommen ist.
Welche Möglichkeiten verspricht KI für die Zukunft?
F. Schwiecker: KI wird das Gesundheitswesen weiter revolutionieren. Durch eine immer bessere Datenbasis werden die Ergebnisse kontinuierlich präziser. In einigen Ländern gibt es bereits Projekte, in denen KI-basierte Chatbots erste Anfragen von Patienten bearbeiten und sie gezielt an den richtigen Arzt weiterleiten. Ein weiterer Bereich ist die Nutzung von Wearables zur Überwachung der Vitalwerte älterer Menschen, um rechtzeitig medizinische Maßnahmen einzuleiten.
Woran arbeitet Corti konkret?
F. Schwiecker: Wir entwickeln unsere Basismodelle kontinuierlich weiter, um die Präzision und das kontextbezogene Verständnis weiter zu verbessern. Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Transparenz und Erklärbarkeit unserer KI-Modelle zu erhöhen, um das Vertrauen in KI-basierte Lösungen im Gesundheitswesen weiter zu stärken. Darüber hinaus expandieren wir in neue Märkte, um unsere Lösungen weltweit verfügbar zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schwiecker.
Interview: Ralf Buchholz