Einigkeit tut not
Pflegesymposium der ORBIS Anwendergruppe (OAG) zur Situation der Profession.
Die personelle Ausstattung der deutschen Kliniken im Pflegebereich ist ein Dauerthema. Eine Verordnung über die Grundsätze der Personalbedarfsbemessung in der stationären Krankenpflege, kurz Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV), sollte der große Wurf werden. Als ersten Schritt plante Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum 1. Januar 2024 die Einführung der Pflegepersonal-Regelung (PPR) 2.0 sowie der Kinder-PPR 2.0 als neue Instrumente zur bedarfsgerechten Personalbemessung.
Dieses Vorhaben ist mittlerweile gestoppt und eine neue Verordnung auf den Weg gebracht. Sie fußt auf den Ergebnissen einer Erhebung der Beratungsgesellschaft KPMG im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums zur Ist- und Sollbesetzung nach (Kinder-)PPR 2.0 sowie dem vorhandenen Qualifikationsmix. Danach lag der Erfüllungsgrad – als Maß der Übereinstimmung zwischen Soll- und Ist-Besetzung – im Bereich der Erwachsenen-PPR bei rund 80 Prozent und im Bereich der Kinder-PPR bei etwa 90 Prozent. Eine Reliabilitätsprüfung hat das gute Ergebnis bestätigt.
Diese Thematik bestimmte Ende September auch das Pflegesymposium der OAG in Hannover – wenn zu dem Zeitpunkt auch noch unter anderen Voraussetzungen. 200 Teilnehmer folgten den Vorträgen live vor Ort oder online.
Seid selbstbewusst
In seinem Impulsvortrag widmete sich Dr. Enrico Heide dem Patienten namens Pflege. „Fakt ist, dass es zu wenige Pflegekräfte für zu viel Arbeit gibt“, so der gelernte Krankenpfleger und promovierte Versorgungsforscher. Das Problem des Fachkräftemangels in der Pflege verdeutlicht auch der Umstand, dass Krankenhäuser im Schnitt 139 Tage benötigen, um eine freigewordene Stelle neu zu besetzen. Im Gegenzug werden dringend nötige Hilfskräfte im System nicht gegenfinanziert. In dieser Gemengelage fehlt Dr. Heide, dass die Pflege mit einer Stimme spricht. Vielmehr beklagt er eine berufspolitische Kleinstaaterei mit 34 Berufsverbänden sowie unzähligen Fachverbänden und Gewerkschaften.
Dr. Heide schloss mit einem Appell: Pflegekräfte sollten die in der Corona-Zeit gestiegene Wertschätzung in der Gesellschaft nutzen und sich selbstbewusst positionieren. „Fordern wir Verantwortung und übernehmen wir sie auch. Reden und denken wir positiv von unserem Beruf. Arbeiten wir selbstbewusst und nach wissenschaftlichen Standards. Und lassen wir uns weder von Politikern noch von Gewerkschaftern in die Selbstbestimmung unserer Profession hineinreden“, so der OAG-Vorsitzende.
Es geht besser
PPR 2.0, PpUG, PPP-RL: Sind Akronyme die Lösung? Diese Frage stellte Franziska Berghoff, Referentin für die pflegerische Versorgung im Krankenhaus beim Deutschen Pflegerat (DPR) – und beantwortete sie mit einer Reihe von Kritikpunkten. So seien die Pflegepersonaluntergrenzen ohne pflegerische Kompetenz festgelegt worden und der PPR 2.0 definiere lediglich den durchschnittlichen Personalbedarf, nicht den realen. Die aktualisierte Pflegepersonalregelung diene als Interimslösung zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs für die unmittelbare Patientenversorgung. Zu einer erfolgreichen Einführung habe der DPR eine Reihe wesentlicher Eckpunkte vorgelegt. Demnach solle die Verordnung zu den Pflegepersonaluntergrenzen als rote Linie gelten, die nicht unterschritten werden dürfe. Nach DPR-Überzeugung müssten die Einführung und Weiterentwicklung unter enger pflegewissenschaftlicher Begleitung erfolgen und die PPR 2.0 solle dann auch als Grundlage für Pflegebudgetverhandlungen gelten.