Digital im Vorteil

Interview mit Stefan Skrobanek, Dedalus HealthCare

Interview mit Stefan Skrobanek, Dedalus HealthCare

Das Gesundheitswesen in Österreich ist digitaler als das deutsche – und bietet dennoch ausreichend Herausforderungen für Einrichtungen und IT-Anbieter. Wir haben mit Geschäftsführer Stefan Skrobanek über den Markt in Österreich gesprochen.

 

Wie steht es um die Digitalisierung der Gesundheitseinrichtungen in Österreich?

Stefan Skrobanek: Österreich hat bereits sehr früh mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens begonnen. Schon vor der Jahrtausendwende haben viele Krankenhäuser bereits digital gearbeitet. Heute weist Österreich einen sehr hohen Digitalisierungsgrad im Gesundheitswesen auf. Dieser Fortschritt wird sowohl durch die Anwender als auch durch die zunehmende Vernetzung der Krankenhäuser untereinander vorangetrieben. Wir realisieren beispielsweise durch die staatliche Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) einen landesweiten Datenaustausch.

Wird die Digitalisierung auch von der Politik unterstützt?

S. Skrobanek: Ja. Heute besteht in Österreich der Anspruch, jegliche Befunddaten eines Patienten über die ELGA zwischen behandelnden Institutionen austauschen zu können. Das ist politisch gewollt, wird aber leider nicht ausreichend wirtschaftlich gefördert.

Ziel ist es, Mehrfachuntersuchungen für Patienten zu vermeiden und dem behandelnden Arzt Voruntersuchungen und -befunde sowie Vorerkrankungen zugänglich zu machen. Selbst wenn ein Patient nicht ansprechbar ist, kann der Arzt, sobald er sich in einem Behandlungsstatus befindet, auf diese Daten zugreifen. Dadurch gewähren wir den Patienten eine wesentlich bessere Behandlung.

 

Vor welchen Herausforderungen stehen die Gesundheits-einrichtungen in Österreich?

S. Skrobanek: Die größte Herausforderung ist die Budgetsituation – Budgets werden sukzessive gekürzt, die Leistung soll aber nicht geschmälert werden. Ich glaube, das ist aber nicht nur in Österreich ein Problem. Wir erwarten, dass wir hochspezialisierte Behandlungen bekommen, diese umgehend in Anspruch nehmen können, aber dennoch muss die Krankenversorgung auch weiterhin leistbar bleiben.

Eine weitere große Herausforderung ist der Fachärzte- und Fachpersonalmangel. Unser Ziel ist es, Patienten eine bessere Behandlung zu bieten, was nur mit einer optimierten Behandlungsmethodik möglich ist. Eine Möglichkeit wäre, Fachinstitute zu etablieren, die sich beispielsweise auf Röntgen- oder Kardiologie-Untersuchungen spezialisieren. Die Befundung könnte dann zentral erfolgen – unterstützt durch Künstliche Intelligenz.

Ich bin davon überzeugt, dass KI uns im Behandlungspfad künftig maßgeblich unterstützen wird, indem sie zeitraubende Aufgaben automatisiert und so mehr Zeit für den Patienten schafft. Speziell in diesem Umfeld entwickeln wir unsere eigenen KI-Lösungen, die wir auch als Medizinprodukt zertifizieren.

 

Welche Rolle können IT-Systeme spielen, um eine optimale Gesundheitsversorgung zu unterstützen?

S. Skrobanek: IT-Systeme spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie können beispielsweise durch Datenanalysen und KI helfen, Behandlungsprozesse zu optimieren und personalisierte Therapien zu entwickeln. Einerseits können wir Patienten durch einen schnelleren Zugriff auf relevante Daten besser behandeln, andererseits können diese Daten auch der Forschung pseudonymisiert zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt tragen IT-Systeme dazu bei, die Effizienz, Qualität und Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung zu steigern.

 

Wie unterstützen Sie Ihre Kunden auf dem Weg in die Zukunft?

S. Skrobanek: Wir sehen uns in einer beratenden Rolle. Das bedeutet für uns, die Gegebenheiten zu analysieren, das Ziel gemeinsam mit dem Kunden zu definieren und eine maßgeschneiderte Lösung mit dem Kunden umzusetzen. Aktuell führen wir viele Gespräche darüber, wie bestimmte IT-Dienstleistungen ausgelagert werden können. Kunden stellen uns beispielsweise nur noch Netzwerk, Strom und Klimaanlage zur Verfügung, während wir den kompletten Betrieb der Gesamtlösung übernehmen. Außerdem unterstützen wir unsere Kunden bei den Themen Datenschutz und Datensicherheit.

 

Wo liegen für IT-Anbieter die besonderen Herausforderungen des Marktes in Österreich?

S. Skrobanek: Oft werden in Österreich gesetzliche Anforderungen beschlossen, die auch Einfluss auf die IT und das KIS haben. Uns hilft, dass wir unsere Lösungen direkt in Österreich entwickeln und deshalb kurzfristig auf geänderte Anforderungen reagieren können.

Die Gesundheitseinrichtungen in Österreich haben einen sehr hohen Qualitäts- und Serviceanspruch für den Betrieb und die Verfügbarkeit ihrer IT-Kernsysteme. Unsere Aufgabe ist es, ihnen auch proaktive Services wie Monitoring und Echtzeitanalyse bereitzustellen, damit es erst gar nicht zu Störungen kommt.

 

Welche Anforderungen stellen die Einrichtungen an die Technologie eines KIS?

S. Skrobanek: Eine moderne, HTML-basierte Oberfläche ist essenziell, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Wir sind mit unserer neuen U-Technologie bereits weit fortgeschritten, während andere Anbieter diese Evolution noch vor sich haben. Wichtiger als eine moderne Oberfläche und Mobilität sind jedoch die Stabilität des Systems, die Weiterverarbeitung bereits strukturiert erfasster Daten, die Performance und ein verlässlicher Kundensupport.

 

Wie viele Einrichtungen in Österreich vertrauen auf Ihre Systeme?

S. Skrobanek: Aktuell nutzen rund 55 Krankenhäuser und 50 Institute unsere Systeme. Besonders hervorzuheben sind die beiden Großaufträge aus Oberösterreich und Niederösterreich, die sich für unsere Gesamtlösung entschieden haben. In Oberösterreich haben uns vier unterschiedliche Auftraggeber ihr Vertrauen geschenkt, die in einem gemeinsamen Vergabeverfahren ein neues KIS gesucht haben. In diesem herausfordernden Projekt dürfen wir krankenhausübergreifende Lösungen etablieren und die Digitalisierung neuer Workflows und behandlungsunterstützender Lösungen umsetzen. In Niederösterreich werden zukünftig insgesamt 27 Krankenhäuser mit einer zentralen ORBIS-KIS-Installation arbeiten, wobei das erste Krankenhaus bereits im Sommer 2025 in den Echtbetrieb geht. Um allen Projekten gerecht zu werden, haben wir die Zahl unser IT-Mitarbeiter in Österreich von 151 im Jahr 2020 auf 419 im Dezember 2024 verstärkt.

 

Wie bereiten sich die Einrichtungen auf die IS-H-Abkündigung vor?

S. Skrobanek: Rund 200 der 260 Krankenhäuser in Österreich rechnen mit IS-H ab, was eine immense Umstellung bedeutet. Die Bundesbeschaffungsgenossenschaft hat dazu eine Ausschreibung gestartet. Es soll ein Anbieter identifiziert und den betroffenen Krankenhäusern vorgeschlagen werden, der die IS-H-Abrechnung ersetzt. Die Häuser erhoffen sich durch diese Ausschreibung eine schnelle Übergangslösung.

 

Was ist Ihre Antwort?

S. Skrobanek: Wir haben uns entschieden, unsere bestehende österreichische Abrechnung auf eine neue Technologie zu heben und diese für all unsere ORBIS-Kunden zur Verfügung zu stellen. Der erste österreichische Kunde wird mit unserer neuen IBIL-Lösung im Juni 2026 in den Echtbetrieb gehen, weitere Kliniken folgen im Anschluss. Die neue Oberfläche ermöglicht eine einfachere Administration und Konfiguration, sodass Abrechnungsänderungen leichter umgesetzt werden können.

 

Vielen Dank für die spannenden Ein- und Ausblicke, Herr Skrobanek.

 

Interview: Ralf Buchholz

 

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